Texte zum "Das verlustige Lektorat"
Wenn der Gfader zeichnet, dann gleich mit allen Sinnen.
Wenn der Gfader zeichnet, entstehen oft kleinformatige Meisterzeichnungen.
Zeichnungen, die man sofort haben will, wenn man Zeichnungen haben will.
Die beim ersten Blickkontakt den Puls verschnellen lassen. Man spürt, das ist eine sternstundliche
Begegnung. Man will sich versenken, will das „Etwas“ erleben, will die Zeichnung erforschen und „durchwandern“, man beginnt schlicht und einfach Besitzbegierde freizusetzen. Das passiert mir
bei Gfaders Zeichnungen immer wieder.
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Der Gfader strichelt den Strich – er fragmentiert ihn, setzt die gestrichelten Striche neu in eine
Beziehung zu seinem künstlerischen Anliegen und wartet genüsslich im Hintergrund, ob seine
Anliegen – seine Ikonographien, sein Formensymbolismus - auch sinnlich durchschaut, erleb- und
erfühlbar werden.
Wer den Gfader halbwegs gut kennt, der empfindet und „sieht“ seine Anliegen. Wenn schon nicht
gleich, dann sicher im Laufe des Schauens.
Alle anderen müssen sich eben etwas anstrengen.
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Der Gfader ist ein Allrounder in der Kunstszene – Malerei, Skulptur, Installation, Kunst am Bau,
Zeichnung.
Aber am liebsten ist mir der Gfader als Strich-Poet. Kein Poet, der auf den Strich gekommen ist,
und kein Zeichner, der hin und wieder poetisiert – sondern ein Sowohlalsauchkünstler. Nehmen Sie
nur eine x-beliebige Zeichnung von den hinteren Plätzen seines Buchs. Zum Beispiel: „noch amol“ –
Seite 115 – wenn man genau hinsieht – den über die Zeichnung schreibmaschinegeschriebenen
Text liest, am besten laut – so kann man erkennen, dass Text und Bild eine Einheit sind. Alle, die
das nicht sofort spüren, müssen einfach ein bissl üben. Mit der ersten Arbeit im Buch anfangen
und sich langsam vorfühlen. Wer dann bei „noch amol“ angelangt ist, kann sich sicher als
Gfaderentschlüsselungsmeister bezeichnen.
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Wenn der Gfader zeichnet, wundert er sich sicher oft über seine gestisch-verbalen
Philosophierereien. Und die BetrachterInnen wundern sich über dieselben sowie deren
hintergründigen und –fotzigen Text-Gestizismen.
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Eine Zeichnung – vor allem wenn sie beglückend autonom ist – eine Zeichnung entsteht im
Niemandsland zwischen Bauchgefühl und Herzverstand, wandert ganz gemächlich Richtung
sinnlicher Hand und bahnt sich ihren Weg ohne Aufsehen aufs Papier.
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Der Gfader zeichnet auch gern in zweideutigen Headlines. Da spielt der Kopf schon ganz
ordentlich mit. Meistens zwinkert dabei die leise Ironie gepaart mit fröhlicher Frechheit in seiner
Vorarlberger Großhirnrinde. Z.B. wenn die Headline lautet „es wird bald regnen“ und die Tränen –
welche Tränen, sind ja nur Striche – aus den Augen stricheln.
Liebe mehr oder weniger kunstaffine Leserinnen und Leser, liebe wohlwollenden und/oder
missgünstigen KünstlerInnen die sie bis hierher gelesen und sich schon jetzt über meine Worte
samt allen Verquerungen gewundert-geärgert-geschimpft-usw. haben – ich parliere prinzipiell nur über Empfindungen beim Betrachten von Zeichnungen. Ich schreibe keine verdrehten
Definitionslitaneien über Zeichnungen – ich formuliere Liebeserklärungen – im Moment vorrangig an
die gfaderischen Zeichnungen in diesem Buch.
Ich hätte natürlich auch ganz sachlich den Brockhaus zitieren und über „es wird bald regnen“ nur
schreiben können, dass mir diese Arbeit gefällt. Oder dass sie klug ist – oder wegen der
transzendent-mythologischen Gefühlskatharsis an Proust und Chagall erinnert. Aber was haben Sie
davon? Außer dass Sie sich fragen könnten, wieso um Gottes Willen Chagall. Also habe ich es
einfach gleich gelassen. Denn wen geht das schon etwas an, was mir gefällt? Gefällt den
Betrachtern diese Zeichnung ebenfalls, werden sie sagen „mir auch“ und das war’s dann. Spielt
man allerdings verquer schreibend mit dem Kunstwerk, dann entsteht für den Betrachter vielleicht
ein assoziativer Mehrwert. Dann entsteht eine Gefühls- und Gedankenkette, die das Wesentliche
eines Kunstwerkes spür- und erfahrbar macht.
Und das ist eigentlich das Wesentliche von schreibender Kunstbetrachtung.
„Kunst ist – und war schon immer – ein Wertbegriff, das heißt ein Begriff, dessen Verwendung die
Vorlieben und Abneigungen derer widerspiegelt, die ihn jeweils verwenden. Kunst ist somit
schlichtweg alles, was wir so nennen, weil wir es, aus welchen Gründen jeweils auch immer, für
interessant, aufregend, bereichernd oder beglückend halten“ (Christian Demand).
Das hätte ich nicht besser sagen können.
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Mit verwendeten Kunstausdrücken nonverbale Kunst erfahr- und/oder erfühlbar zu machen ist
legitim. Beim Gfader erreicht die sich getrennt gebende Bild- und Wortsprache allerdings oft mehr
Gefühlsver- als -entwirrung.
Ob er das überhaupt will, ist anzunehmen. Dass er das kann, ist sicher.
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Gfaders Zeichnungen – und die von vielen anderen Künstlern auch – sind psychologische
Momentaufnahmen ohne Vergangenheit und Zukunft. Einfach gestische Aphorismen aus dem
Moment heraus mit mehr oder weniger autonomem Kunstcharakter.
Nehmen Sie diese Feststellung als meine persönlich-aphoristische Freude beim Betrachten von
Gfaders Zeichnungen – die zwar keine Vergangenheit, aber durchaus eine immer wieder gern
erfahrbare Zukunft haben.
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Die Conclusio aus all meinen vorangegangenen Wortgeflechten bedeutet schlicht und einfach, dass
der Gfader ein wirklich guter Zeichner ist.
Machen Sie jetzt mit seinen Arbeiten, was Sie wollen und sollen.
Für alle, die sich mit meiner Feststellung schwer tun, noch ein recht vernünftiger Satz von
Christian Demand: „Das Kunstwerk nimmt sich das Recht , keine Bedürfnisse erfüllen zu wollen in
den Kreis der vernünftigen Dinge; statt zu geben, fordert es erst einmal Anstrengung der
(wahrnehmenden) Sinne und des (begreifenden) Intellekts“.
Wenn Sie sich darauf einlassen, haben Sie in Zukunft viel zu tun mit dem Gfader.
Manfred M. Lang
„Weil der Sprung ins Zimmer nicht so gelang, war
der Schatten ein wenig über den Rand darüber
hinaus geraten...“
Es ist noch früh am Abend. Und dennoch finstre Nacht. Trotz der Schwärze wähnt mir, die
Schwere der Wolken sehen und greifen zu können. Sie, die Wolken, drücken herab, als
ob mir jemand Mund und Nase zuhielte. Es ist nass, kalt, unlustig. Der Hang wirkt
bedrohlich nahe. Der Gedanke an Flucht. Das Atelier des Künstlers aber, ein straighter,
langgezogener, unterkellerter Kubus, steht da wie eine Feste. Scheint unverrückbar.
Beim Öffnen der Tür brechen vertraute Gerüche wie ein Zunami auf mich ein. Ein
Gemisch, das an faule Eier, halbverweste Mäuse, Jauchengruben und
Kläranlagendämpfe erinnert. Es „odeuriert“ wie immer. Und es ist gut so. Wäre es nicht,
fehlte etwas Zentrales. Der Künstler hat dereinst seine Farben selber zubereitet. Ein
Gebot der Stunde. Damals. Acryl und Öl war teuer. Der Bilderverkauf schleppend. Der ökonomische Zwang erforderte Reaktionen, um künstlerisch überleben zu können. So
hatte er sich viele Methoden der Do-It-Yourself-Farbproduktion angeeignet. Der Künstler
als Alchemist. Als Erfinder. Heute könnte er sich Öl und Acryl problemlos leisten. Aber er
arbeitet nach wie vor am liebsten mit selbst „Gebrautem“. So gärt, zieht und dampft es
allerorten im Atelier. Geruchsintensiv vor allem die Herstellungsprozess für Eitempera.
Für Kunstliebhaber ein Geatme, - wohl auch für Landwirte - an das selbst feinste
französische Parfümskreationen nicht heranreichen.
Ich habe nachgerechnet. Ich kenne den Künstler mittlerweile genau seit 20 Jahren. Ein
kleines Jubiläum. X-Male haben wir bei ihm im Atelier neue Werke und Werkserien
beschaut, über die Kunstszene diskutiert und geschumpfen, Bier und Schnaps
getrunken, Heavy Metal und sphärische Eigenkompositionen des Künstlers gehört.
Es ist alles vertraut wie eh und jeh. Nur hinten links steht jetzt ein mächtiger Ofen aus
Eisen, der die vom Feuer erzeugte Wärme über einen langen Zeitraum speichern kann.
Der wie ein vertikal gestelltes Quader aussehende Heizkörper thront wie eine Skulptur im
Raum. Er heizt den Raum und beschleunigt das Trocknen der Farben. Ein leises,ängstliches Frösteln befällt mich in anbetracht der in unmittelbarer Nähe zum
Wärmespender chaotisch angehäuften Materialien, die der Künstler sukzessive in
bildnerische Exponate transformiert - Papier, Kartons, Holz, Farbbehälter. Ein Frösteln,
das genau so schnell verschwindet, wie es hochgekrochen, sobald ich das erste
staunende Herumgehen beendet und es mir im bequemen Lederfauteuil bequem
gemacht habe.
Der Künstler ist gerade dabei, kleine Plastiktüten mit Theaterfarben anzufüllen, die er für
einen Farbenworkshop mit Pädagogen benötigt: Bordeauxrot, Rot, Violett, Gelb,
Beige, Purpur. Sie stehen und lehnen aufgereiht auf einem Tischchen wie die
Gewürzsäcke eines orientalischen Basars. Es kann nicht genug Farbe vorhanden sein,
denn die Pädagogen stehen auf die Pigmente und lieben es, Vorräte davon für den
Eigenbedarf zu Hause einzupacken.
Der Künstler erläutert mir sein Konzept für den neuen Zyklus „Masken“. Er leitet dieÜberlegungen dazu aus der Vorgängerserie der „Fetzenschädel“ ab. Ausgangspunkt
der Fetzenschädel waren Häute, die entstehen, wenn die Farbe im Behälter an der
Oberfläche einzutrocknen beginnt. Er streicht diese Häute auf die Leinwand und arbeitet
entlang der Ränder dann einzelne Konturen dergestalt heraus, dass sie an die grotesken,
skribbelartigen Gesichter einer Leonardo-da-Vinci-Serie erinnern. Oder an die Fratzen
eines Franz Xaver Messerschmidts (1736 – 1783). Oder an die hysiognomien des
Schweizer Philosophen, Schriftstellers, Pfarrers und Zeichners Johann Caspar Lavater
(1741 – 1801).
Masken verstecken oder verbergen etwas. Sie sind Platzhalter für etwas anderes, für ein
Anderssein. Der Künstler hat Unmengen von Kartonteilen gesammelt, die Schlitze und
Löcher aufweisen. Er klebt diese auf Bildträger und übermalt sie schichtweise. Das von
Erfahrungen zehrende Wahrnehmungsverhalten der Augen ist frappant. Zwei
nichtssagende Löcher und ein horizontaler Schlitz werden im Kopf automatisch zu einem
Gesicht kombiniert. „Es gibt Mandelkerne (Drüsen) im Kopf, die dafür zuständig sind,
dass man in drei symmetrischen Punkten ein Gesicht sieht“, sagt der Künstler.
Den Fratzen werden also gleichsam Masken aufgesetzt. Mit den Masken spinnt der
Künstler die Fratzen auf eine weitere Ebene.
Wer den Fuss über die Schwelle zum „Labor“ des Künstlers setzt, wähnt sich auf den
ersten Blick in einer Heimstätte für Messie-Syndrom-Befallene. Das Chaos ist
verblüffend. Und gleichwohl faszinierend. Überall Berge von Abfallmaterialien, die darauf
warten, vom Künstler in einen anderen Zustand verfrachtet zu werden. Obwohl seine
Werke aus Materialschlachten hervorgehen, sieht sich der Künstler als klassischer Maler.
Der Künstler ist ein Wiederverwerter, ein Reziklierer, die Qualität seiner Arbeiten steigt
mit der Minderwertigkeit des Ausgangsmaterials. Aber nicht alles ist Müll im Atelier.
Zwischen den Abfallbergen stösst man auf Tische, Stühle, Regale, Ablagen. Dort
stapeln sich Zeichnungen, Skulpturen, Collagen, Skribells, Skizzenbücher. Die
wahrnehmungsgierige Retina steht vor einem reich gedeckten und überladenen Buffet
der visuellen Reize. Der Raum, der sich im Prinzip über drei Stockwerke hinzieht, gibt
perzeptiv so viel her, dass man sich Tage lang in diesem „Künstler-Tank“ aufhalten
möchte.
„Wie im Humus der Wörter Bilder geboren werden, oder
umgekehrt“
Der Künstler arbeitet in gross angelegten Serien. Es sind exzessive Auslotungen ein
und desselben Themas. Er hört erst auf, wenn er denkt, „jetzt reichts“. Etliche Arbeiten
aus dem Kafka-Zyklus lehnen an der Wand. Sie tragen Titel wie etwa „Der Brei unserer
Gehirne“. Die Titel sind wichtig. Aber zuerst sind immer die Bilder da. Die Titel sind im
Nachhinein gefundene Entsprechungen dazu. Entnommen aus den „Sämtlichen
Erzählungen“ von Franz Kafka. Sie könnten aber auch von Thomas Pynchon stammen.
Beide Autoren sind für den Künstler wichtig. Über dem Werk beider schwebt der
Dunstkreis des Geheimnisses. Ein Geheimnis, von dem unausgemacht bleibt, ob ein
entschleierbarer Sachverhalt mit ihm korrespondiert.
Im Nebenbei der offiziellen Zyklen entstehen immer wieder autonome Zeichnungen.
Unter dem Titel „Das verlustige Lektorat“ stellt der Künstler eine Auswahl der letzten
Jahre zusammen. Es ist eine Art künstlerisches Tagebuch. Einen wichtigen Part nimmt
dabei eine alte Olympus-Schreibmaschine aus den 1960er Jahren ein, die er repariert
und in einen funktionsfähigen Zustand gebracht hat. Auf Zeichnungen und Collagen, die
seiner Phantasie, einer situativen Spontanität entsprungen sind, „montiert“ er Texte oder
Textfragmente aus dem Schreibwerk dieser Olympus. Die Schreibmaschine dient
sozusagen dem „Finishing“ der Werke. Die Texte markieren quasi den Schlusspunkt. Die
Sätze, Wörter und Buchstaben sind teils kurios, teils von überraschender lyrischer
Qualität. Es handelt sich um tagespolitische und tagesgesellschaftliche Gedankenfetzen
oder einfach um umsichgreifende Hirneruptionen. Bei den meisten bricht ein dadaistischer
Grundton durch. Ein Beispiel: „...weil der sprung ins zimmer nicht so gelang – war der
schatten ein wenig über den rand darüber hinaus geraten. Teile flogen da-da >von – der
wind ging emsig in die ritzen über die finger ins wunder hinaus – man wundert sich dann
schon, wenn winzige hauben sich weiter bilden – im schatten kaum zu erkennen...“
Oder: „wer den wechsel will, wä wählt, ganz friedlich und leise, die morgen röte oder so,
nur kein stammeln, stöhnen oder lemente. und so....“ Und: „der technische himmel an der
weich-walze unterstrich sein wesen rebellisch, seine willenskraft rund hing das spröde
haar.“ Etliche Zeichnungen weisen sowohl gepinselte aus auch mit der Olympus
verfasste Texte auf. Etwa die Arbeit „Die Sache hat einen Haken“. Der Bildtitel ist
eingepinselt, eingeklinkt ein weiterer Text mit Schreibmaschine: „möglich auch zwei oder
mehr mehr. Steil ochsenkarstrasse – die richtige richtung – allein der name war verdächtig– teheran – bagdad – und sofort waren schwer verdächtig“.
Die mit der Olympus hingesetzten Texte weisen eine spezielle grafische Qualität auf.
Bedingt durch unterschiedlich starke Betätigung der Tastatur, - manchmal sind die Blätter
durch den Anschlag fast perforiert. Oder durch die Vielzahl an Fehlern, die der Künstler
manchmal von Hand korrigiert oder überschrieben hat, manchmal in sich bestehen lässt.
Seit dem Jahr 2000 ist auf diese Art ein Komplex von über 500 Arbeiten entstanden.
In seinem „Ausschmierbuch“ hat der Künstler ebenfalls solche textbegleitete
Zeichnungen angelegt. Das Ausschmierbuch dient dazu, die letzen Reste der Farbe
oder Tusche auszuschöpfen. Den Pinsel also nicht auswaschen, sondern ausmalen. Auch
auf diese Art entstehen Zeichnungen aus allen Lagen. Er hat einen Blindband in der Mitte
aufgeschlagen und die Zeichnungen dann sukzessive nach links und rechts fortschreitend
aufs Papier gebracht. Hier „fliessen“ die Texte ausschliesslich über den Pinsel auf das
Papier. Das Schreiben gerät hier zu einem langsamen Prozess. Die Texte sind aber nicht minder kurios. Einige Gustostückerln daraus: „Wörter schwindeln in luftigen Höhen,
kommen nie zurück“; „Du da ich bin Buddha“; „Wörter dich ich noch nicht kenne, nicht mag,
nicht verstehen kann, noch nicht habe, immer noch nicht weiss, nicht haben will, nicht
verkaufen kann, - solche Wörter bitte sagen“.
Dem Künstler erscheint es, als ob „im Humus der Wörter Bilder geboren werden und
umgekehrt“.
Der Künstler ist auch ein Philosoph. Für ihn hat das Leben jedem eine bestimmte Rolle
zugeteilt. Bei ihm hängt in jedem Ort des Ateliers ein Ritual. Er will der Routine ständig ein
Schnippchen schlagen. Schreiben ist für ihn ein Reflex. Die Bilder werden nicht
beschrieben, sondern beschriftet. Statt einer Staffelei hat er die Stirnwand zu einer
riesigen, mit Nägeln bestückten Malwand umfunktioniert, an die er die Bilder hängen oder
lehnen kann. Zum Trocknen legt er sie einfach auf den Boden oder bettet sie auf Kisten.
Er hat wieder Lust an der Malerei, an Materialexzessen, am Grossformat. Er bringt eine
Flasche Bergtau. Ich denke an Schnaps. Aber für diesmal ist nur Mineralwasser enthalten.
Der Künstler übt sich in einem wochenlangen Entzug. Es herrscht sozusagen Trockenzeit.
Es kommen wieder andere Zeiten. Hinten thront eine Mickymaus-Figur, die mit Textilien
wie zu einer Kugel aufgebauscht erscheint. Er wird diese Figur wie etliche andere in Gips
tauchen und bearbeiten. Aus ihnen werden neue Satelliten für das Milchstrassenprojekt
entstehen. Auch ein Langzeitprojekt. Auch eine Serie. Alles ist „work in progress“. Alles
geht weiter...kein stillstand.
Karlheinz Pichler